07.01.2023


MAINZ

Das Kētos stellt auf der Mainzer Minipressen-Messe aus:
18–21.5. 2023


MILEVSKO

Panák s Múzou
23.5. 2023, 19:00
čtení: Ondřej Cikán, Magdalena Kuntová
vernisáž výstavy: Basil Schu


PRAHA

GORGÓ – Theaterstück / divadelní hra
Premiéra / Premiere: 10.6. 2022
Nächste Vorstellungen / nejbližší reprízy:

25.5. 2023, 19:30

Text: Ondřej Cikán
Režie: Antonín Šilar, Ondřej Cikán
Plakát: Terezie Chlíbcová
Divadlo X10.


HRADEC KRÁLOVÉ

GORGÓ – Theaterstück / divadelní hra

26.6. 2023
Divadlo Drak


WIEN

Lesung: Ondřej Cikán und Anatol Vitouch
Die Kandidatin und blühende Dämonen

23.7. 2023, 20:00
Kultursommer Wien
16 – Kongreßpark



[Schon passiert:]

LEIPZIG

Das Kētos auf der Leipziger Buchmesse:
Halle 5 / Stand D307

Veranstaltungen auf der Leipziger Buchmesse
(mit Unterstützung des Tschechischen Literaturzentrums 

Do. 27.4. 2023, 16:00–16:30
Gespräch mit Übersetzer Ondřej Cikán
Literadio-Bühne / IG Autorinnen Autoren
Halle 4 / E 209

Fr. 28.4. 2023, 15:00–15:30
Iva Svoboda, Erwin Fellner, Ondřej Cikán
Leseinsel Junge Verlage
Halle 5 / C 200

So. 30.4. 2023, 15:00–15:30
Übersetzerin Martina Lisa und Übersetzer Ondřej Cikán 
über Jana Černá, Egon Bondy und Ivo Vodseďálek
Leseinsel Junge Verlage
Halle 5 / C 200

UKRAINE

  



Der Verlag Kētos unterstützt mit seinen bescheidenen finanziellen Mitteln Waffenlieferungen an die Ukraine, insb. durch Spenden an die ukrainische Botschaft in Prag, die Waffen kauft und sie in Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik in die Ukraine bringt:

Die Seite ist auch auf Deutsch. IBAN im Link.

5.3. 2022

1) 
Putins Russland ist unprovoziert und auf brutalste Weise in die Ukraine eingefallen und hält sich an keine Abmachungen, kein internationales Recht mehr. Die russische Armee schießt bewusst auf Frauen und Kinder, macht ganze Städte dem Erdboden gleich und schreckt selbst vor Angriffen auf Atomkraftwerke nicht zurück. Wir hassen Putin dafür und verurteilen alle, die diese Aggression auf welche Weise auch immer rechtfertigen.

2) 
Die Ukraine ist ein demokratischer, souveräner Staat, der sich gegen die Aggression einer totalitären, verlogenen und aggressiv-expansiven Diktatur namens Russland zu Recht erbittert und heldenhaft verteidigt. Wir wissen, dass Russlands Angriff auf die ganze demokratische Welt zielt und dass die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern auch die europäischen Werte und die EU verteidigt. Den Ukrainerinnen und Ukrainern gebührt nicht nur Respekt, sondern auch echte Unterstützung.

3) 
Wir verlangen daher von allen demokratischen Staaten, die Ukraine nicht fallen zu lassen, sondern zu unterstützen, und zwar durch:

a) ernstzunehmende Waffen, denn nur mit Waffen kann man sich wehren, und nur wer sich wehren kann, muss sich nicht alles nehmen und diktieren lassen, sondern kann noch verhandeln;

b) verdeckte militärische Operationen zur Unterstützung der Ukraine und zur Abwehr der Vernichtung ganzer Städte, weil Putin sich die Eskalationsgründe ohnehin selbst erfindet, wenn er will;

c) so harte Sanktionen gegen Russland wie möglich, um Putin ins Wanken zu bringen, denn nur wer wankt, kann fallen, und nur wer fallen kann, ist zu Zugeständnissen bereit;

d) beschleunigte Aufnahme der Ukraine in die EU, denn die Ukraine darf nicht fallen und muss nach dem Krieg wiederaufgebaut werden.

4) 
Wir warnen vor der Hoffnung auf rasche Verhandlungsergebnisse und baldigen Frieden. Putins Russland ignoriert jede Abmachung, hat immer gelogen und lügt im Krieg noch mehr. Die Masche ist bekannt: Russland kündigt den Abzug an und bereitet die Invasion vor, es meldet Gesprächsbereitschaft und beginnt mit dem Beschuss von Krankenhäusern und Kindergärten.

5) 
Wir bewundern und unterstützen alle Menschen in Russland, die gegen Putin vorgehen, von der Zivilgesellschaft über einfache Soldaten bis hin zu Angehörigen des Geheimdienstes. Gleichzeitig fordern wir aber die Sperre aller, die das offizielle Russland im Ausland repräsentieren, sei es im Sport, in der Kultur oder in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Auch wenn diese Maßnahme Menschen trifft, die persönlich unschuldig sind, ist sie derzeit absolut notwendig und unvermeidbar: Nur wenn die russische Gesellschaft die Rückmeldung erfährt, dass die Verbrechen ihres Diktators nicht mehr geduldet werden, besteht die Chance, dass Putin gestürzt wird. Das russische Volk kann und muss Putin stürzen, wenn es eine Zukunft haben will. 

6) 
Wer sich jetzt in naiven Pazifismus flüchtet, um gegen militärische Hilfe oder sogar gegen die eigene Selbstverteidigung zu argumentieren, spielt Putin in die Hände, lässt die Ukraine und damit letztlich auch sich selbst und seine Familie im Stich. Hitler wurde nicht durch Pazifismus besiegt. Und Putin wird nicht von Pazifisten abgeschreckt, sondern nur von einer geeinten, handlungsfähigen NATO und einer mit modernsten Waffen gerüsteten demokratischen Welt. 

7) 
Drohungen Putins muss man ernst nehmen, man darf sie auch fürchten, aber man darf sich von der Angst nicht überwältigen lassen. Wer die Angst bezwingt, wird auch Putin bezwingen.

Слава Україні!

***
Zusatz am 16.6. 2022 

Russlands immer wieder offen erklärte Absicht besteht immer noch darin, die Ukraine von der Landkarte zu tilgen, alles Ukrainische auszurotten und den "Westen" in die Knie zu zwingen. Völkermord ist in Putins Russland eine Tugend, Vergewaltigung Heldentum, Deportation humanitäre Hilfe. 
Krieg ist nicht gleich Krieg: Ein Vernichtungskrieg ist keine "Spezialoperation". Dass allein in Mariupol mindestens 22.000 Zivilisten ums Leben gekommen sind, darf man den ukrainischen Behörden angesichts der Satellitenaufnahmen riesiger Massengräber glauben.
Die demokratische Welt muss aufwachen und wach bleiben und alles dafür tun, um den russischen Vernichtungskrieg zu stoppen. Gestoppt wird er erst durch einen "Sieg" der Ukraine. Es ist beinahe egal, was es den Westen jetzt kostet – ein Erfolg Putins wäre für die ganze demokratische Welt eine viel teurere Katastrophe.
Putin hat mehr Freunde als man glauben möchte: Diktatoren, Opportunisten, Angsthasen, Erpressbare, von Propaganda Gehirngewaschene. 
Österreich verkriecht sich hinter seiner glorreichen Neutralität und zugleich hinter seiner angeblichen Bedeutungslosigkeit. Dabei werden in Österreich durchaus Waffen hergestellt, die für die Ukraine nützlich wären, wie zum Beispiel die Drohnen, die kürzlich an die russisch gestützte Junta Myanmars verkauft worden sind.

***
Zusatz am 21.10. 2022

Inzwischen gibt Russland vollkommen offen zu, einen Vernichtungskrieg zu führen. Zugleich ist die Ukraine in der Lage, die schlecht organisierte russische Armee aktiv zurückzudrängen. Mit jeder Befreiung werden unermessliche Grausamkeiten offenbar, die die russischen Streitkräfte begehen.
Außerdem sieht Russland sich im Krieg mit dem Westen und mit der NATO, auch wenn die NATO und der Westen sich nicht im Krieg mit Russland sehen. Insofern wäre eine aktivere Unterstützung der Ukraine vonseiten des Westens keine Eskalation.
Ebenfalls offenbar ist längst, was wir anfangs nicht so deutlich aussprechen wollten, um es nicht herbeizureden: dass die russische Gesellschaft zur überwältigenden Mehrheit hinter Putins Großreichambitionen steht, wenn auch nicht alle selbst kämpfen und sterben wollen. Die friedfertige Opposition wurde von Putin und seinen Leuten längst beseitigt, eingesperrt, vertrieben, an den Rand gedrängt. Daher stimmen wir mit der Position vieler mittel- und osteuropäischer Länder überein, dass russischen Staatsbürgern ggf. nur noch Asyl oder humanitäre Visa gewährt werden sollen. Außerdem sollte allen russischen Staatsbürgern klar gemacht werden, dass ein russischer Einsatz von Massenvernichtungswaffen (auch "taktische" Nuklearwaffen oder die Sprengung großer Dämme zählen wir dazu) ein Ende Russlands bedeuten würde. 
Vor der NATO hat Russland Respekt. Vor Österreich nicht. Österreich lässt sich von seinen (teils viel ärmeren) Nachbarn beschützen.
Dem Westen wiederum muss klar geworden sein, dass Russland, wenn nicht ein Wunder geschieht, für Jahrzehnte ein Feind bleiben wird. Hitlerdeutschland konnte 1945 ganz besiegt werden. Die Deutschen und Österreicher haben einen Spiegel vorgehalten bekommen und wurden gezwungen zu sehen, was für Verbrechen sie begangen oder toleriert haben. Einen solchen Spiegel werden die Bewohner Russlands in absehbarer Zeit nicht vorgehalten bekommen.
Von sehr großer Wichtigkeit ist nach wie vor die Einheit der EU und der NATO. Einzelne EU-Staaten (namentlich die großen Länder Frankreich und Deutschland) dürfen nicht der Versuchung erliegen, wirtschaftliche und energiepolitische Probleme aus innenpolitischen Erwägungen im Alleingang zu klären und somit den EU-Zusammenhalt zu beschädigen.
Putin und seine Leute sind jetzt schon viel zu weit gegangen. Wenn Putin oder ein anderer Diktator nach ihm sich für einen Erfolg bejubeln lassen will, dann kann dieser Erfolg nur im völligen russischen Abzug aus der Ukraine liegen. Alle Welt muss wissen, dass besonders eine Großmacht sich mit einem Eroberungs- und Vernichtungskrieg niemals Vorteile verschaffen kann.

PS: Der Verlag Kētos unterstützt die Eingliederung von Královec (ehm. Kaliningrad) in die Tschechische Republik. Wir sehen diesen Schritt als Zeichen, dass Europa sich von Russland nicht einschüchtern lässt. Und wir sehen in diesem Schritt ein Angebot an die Bürger Russlands, es den Einwohnern von Královec gleichzutun, die mit 97,8% für eine blühende, demokratische Zukunft außerhalb des Russischen Mir gestimmt haben. 

***
Zusatz am 6.1. 2023

Die einzige Hoffnung, die Putin und seine Leute noch haben, besteht darin, dass der Westen sich doch noch zerstreitet. Der Westen wiederum muss die Ukraine noch viel intensiver unterstützen. Die Angst vor einer Eskalation, wenn die Ukraine mit westlicher Technik Ziele in Russland anvisiert, ist irrig und gefährlich: Sie kommt einer Erklärung gleich, dass militärische Ziele (Artilleriestellungen, Flughäfen, Nachschublinien) auf russischem Territorium unantastbar seien. Sie sind es nicht. Es kommt viel billiger, Drohnen und Raketen auf dem Boden zu zerstören als in der Luft. 
Der Westen hat Angst davor, rote Linien von Diktaturen dieser Welt zu übertreten. Hat der Westen keine rote Linien? 
Der Bevölkerung Russlands sollte klar werden, dass der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine auch Russland zerstören kann. Jeder Russe sollte wissen, dass an diesem Krieg teilzunehmen seinen sicheren Tod bedeutet. Leider fühlt sich die russische Gesellschaft allzu unbesiegbar.
Der russische Imperialismus ist eine Jahrhunderte andauernde Epidemie. Eins ihrer Symptome ist eine völlige moralische Vernebelung. Die Betroffenen können sich nur über die Glorie ihres Reiches definieren, die sie auf sich selbst projizieren und von der sie wie von einer Droge abhängig sind. Ein russischer Kollege hat gesagt, dass man als Russe von diesem Russismus geheilt werden kann, wenn man diese ganze russische Größe und alles, was mit ihr zusammenhängt, von der Zbornaja über Rotarmistendenkmäler bis zum Nationaldichter Puškin, zu hassen lernt.

Antonín Sova: Warum so spät?

Gedichte
Symbolismus vom Feinsten III



Antonín Sova (1864–1928) gehört neben Otokar Březina und Karel Hlaváček zum großen Trio des tschechischen Symbolismus. – So sah es zumindest Vítězslav Nezval.

Anders als der jung verstorbene Hlaváček und der perfektionistische Březina, der sein Werk nach fünf Bänden für abgeschlossen erklärte, war Sova sehr produktiv und lebte lang genug, um viele verschiedene Stile auszuprobieren. Insgesamt kann man sagen, dass Sovas Gedichte zum Impressionismus tendieren. 

Besonders schön sind Sovas sehnsüchtige Liebesgedichte, die oft von verpassten Gelegenheiten handeln.

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Unterstützt durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.

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Antonín Sova: Warum so spät?
Symbolismus vom Feinsten III
ausgewählt und übersetzt von Ondřej Cikán
Tschechisch / Deutsch
November 2023 / Kētos Band 27
ca. 125 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 22 / CZK 320

ISBN: 978-3-903124-27-1


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Leseprobe:

Wer zauste so Ihr dunkles Haar?

Als sie in meinen Garten kam, fiel schon die letzte Blüte,
Die Sonne lag im Horizont am Wegrand müd, verglühte.

Warum so spät, hab ich gefragt. Die letzte Sonne wird geweckt,
Die Glocken sind im Dunst verstummt, die Vögel sind im Gras versteckt,

Und meiner Wiesen Duft ist Gram, und in das trübe Wasser fiel 
Ein Schatten, der aufs Boot sich legt, und alles ist ein leeres Spiel –

Daß nach der Ferne fort ich will, dort nach der grünen Niederung –
Ich hebe Fahnen auf den Mast, des weißen Segels Takelung.

Im Frühling hab ich Sie ersehnt, als hell die blauen Weiten klangen
In meiner Strahlensaiten Licht, um Ihre Stimme einzufangen.

So sagen Sie, in welchen Breiten damals Ihre Liebe war?
So sagen Sie, in wessen Frühling? Wer zauste so Ihr dunkles Haar?

Wo hat in Ihre offnen Fenster heiß die Nacht gesungen?
Ich sehnte mich erstickt, umsonst, von Stille eng umschlungen.

Und jetzt! Ich denke noch zurück und will schon fort, will nicht mehr warten
Und will schon weit aufs Meer hinaus. Sie kommen blaß in meinen Garten?

Für uns scheint hier die Sonne nicht, kein Berg besingt das Tageslicht.
Uns duftet nirgends mehr das Gras, in unserm Meer kein Lied in Sicht,

Allein will ich nun nach dem Märchenklang des Herbstes hörn. Ich fahr –
Allein, das Neue Land zu suchen. Wer zauste so Ihr dunkles Haar?

Konstantin Biebl: Ananas

Der neue Ikaros und Gedichte aus Java
ausgewählt und übersetzt von Ondřej Cikán
mit einem Nachwort von Radim Kopáč






Konstantin Biebl (1898–1951) ist ein außergewöhnlicher Vertreter des tschechischen Poetismus. Das ist eine Kunstrichtung, die am Anfang der 1920er Jahre ausgerufen wurde und dem französischen Surrealismus ähnlich ist. Von seinen Kollegen der poetistischen Dichtergeneration unterscheidet Biebl sich dadurch, dass er einerseits gerade noch alt genug war, um im Ersten Welkrieg mitkämpfen zu müssen, und dass er von exotischen Ländern nicht nur geträumt hat, sondern tatsächlich eine Reise nach Java unternahm. Beide Erfahrungen haben Biebl sehr geprägt. 

Biebls Gedichte über Java sind, kurz gesagt, sehr schön und rührend. Fernweh und Heimweh wechseln sich ab, Projektionen von Träumen junger Javanerinnen mischen sich mit Kritik am Kolonialismus, die in Biebls Reiseprosa konkretere Züge annimmt. 

Biebls Langgedicht "Der neue Ikaros" ist ein Zonengedicht. Zonengedichte sind ein tschechisches episches Genre, das von der "Zone" Guillaume Apollinaires inspiriert ist. Das Kētos hat bereits mehrere Zonengedichte herausgegeben: Apollinaires Vorlage und Vítězslav Nezvals "Edison" im Band "Ein Dichter bei Nacht", Egon Bondys "Reste eines Epos" im Band "In Straßenbahnen" und Ondřej Cikáns neue deutschsprachige Zonen in den Bänden "Mein Liebling ist Gewölk" und "Blühende Dämonen". Biebls "Der neue Ikaros" handelt wieder von Java, aber auch vom Ersten Weltkrieg. Die Passagen über den Krieg erinnern an Paul Celan. 

Das Buch "Ananas" widmet das Kētos der Javánka (Javanerin) in Prag.

Nach drei Bänden von Vítězslav Nezval ist die Biebl-Anthologie "Ananas" der vierte poetistische Band im Kētos-Verlag.

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Gefördert durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.

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Konstantin Biebl: Ananas
Der neue Ikaros und Gedichte aus Java
Poetismus & Surrealismus IV
ausgewählt und übersetzt von Ondřej Cikán
mit einem Nachwort von Radim Kopáč
Tschechisch / Deutsch
August 2023 / Kētos Band 29
ca. 125 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 22 / CZK 320

ISBN: 978-3-903124-29-5





06.01.2023

Egon Bondy: In Straßenbahnen – Totaler Realismus I

"Reste eines Epos" und andere Gedichte

Egon Bondy (1930–2007), mit bürgerlichem Namen Zbyněk Fišer, war eine schillernde Persönlichkeit der tschechoslowakischen Untergrund-Kulturszene. In den 1950er Jahren gab er gemeinsam mit Ivo Vodseďálek und Jana Krejcarová die Samizdat-Edition Půlnoc (Mitternacht) heraus. In den 1980er Jahren schrieb er Texte für die "Underground"-Musikgruppe The Plastic People of the Universe und wurde in den entsprechenden Kreisen zur poetischen Autorität, z.B. für J.H. Krchovský

Das jüdische Pseudonym nahm Egon Bondy 1949 an, als er sich im Sammelband "Židovská jména" ("Jüdische Namen") gegen den wiedererstarkenden Antisemitismus wandte.  

Während Bondy im Untergrund großartige Gedichte verfasste, arbeitete er immer wieder als Denunziant für die kommunistische Staatssicherheit. Gleich nach der Erlangung des Philosophie-Doktorats ließ er sich – wie viele andere Dissidenten – für geisteskrank erklären und verbrachte viel Zeit in Irrenhäusern. Mitglied der kommunistischen Partei blieb Bondy bis zu seinem Tod, und dennoch wird er in Tschechien als Dichter besonders von den antikommunistischen, ehemaligen Dissidenten geschätzt: Einerseits war er etwas wie Jekyll und Hyde – Denunziant und oppositioneller Dichter – andererseits blieb er in seinen Gedichten, die erst nach der Wende 1989 veröffentlicht werden konnten, frei.

Eins von Bondys besonders schönen und prophetischen Gedichten lautet:

SSSR 
se sesere          

Sinngemäße Übersetzung:

Die UdSSR
wird als Scheiße stückweise, aber vollständig der Schwerkraft anheimfallen (kaputt gehen)

"SSSR" und "se sesere" kann auf Tschechisch fast gleich ausgesprochen werden.

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Der Zyklus "Reste eines Epos" ist insofern besonders interessant, als es sich um eine Weiterentwicklung des tschechischen Genres des Zonengedichts handelt. Guillaume Apollinaires Gedicht "Zone" und die darauf beruhenden Zonengedichte von Vítězslav Nezval (namentlich "Edison") hat das Kētos bereits in Cikáns Neuübersetzung heraussgegeben im Band: Ein Dichter bei Nacht. Weniger rührend als das Zonengedicht "Edison" von Vítězslav Nezval, dafür aber besonders genretypisch ist das Gedicht "Der neue Ikaros" von Konstantin Biebl. Ondřej Cikán hat eigene deutschsprachige Zonengedichte vorgelegt in den Bänden Mein Liebling ist Gewölk und Blühende Dämonen. Zonengedichte sind eine Art moderner Epik.

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Egon Bondy: In Straßenbahnen – Totaler Realismus I
Reste eines Epos und andere Gedichte
ausgewählt und übersetzt von Ondřej Cikán,
mit einem Nachwort von Ondřej Cikán, beruhend auf Petr Placák
Tschechisch / Deutsch
April 2023 / Kētos Band 25
Hardcover mit Fadenbindung
176 Seiten
EUR 25 / CZK 390

ISBN: 978-3-903124-25-7




Ivo Vodseďálek: Am Esstisch – Totaler Realismus II

Auswahl der Gedichte


Ivo Vodseďálek (1931–2017) hat in den 1950er Jahren gemeinsam mit Egon Bondy und Jana Krejcarová eine der ersten Samizdat-Editionen herausgegeben, die Edition Půlnoc (Mitternacht). Jeder Band erschien in nur vier Stück. 

In dieser düsteren stalinistischen Zeit entwickelte Vodseďálek mit Egon Bondy poetische Stile, die in Opposition zum damals einzig erlaubten Sozialistischen Realismus standen: den Totalen Realismus und die Peinliche Poesie. Besonders den Totalen Realismus hat Vodseďálek perfektioniert. 

Vodseďáleks Gedichte, die erst nach der Wende 1989 in Buchform veröffentlicht werden konnten, sind sehr lustig, wenn auch oft mit einem bitteren Beigeschmack. Sie sind heute besonders aktuell, und zwar nicht nur aufgrund des ungebrochenen russischen Imperialismus, der 1950 mit einer ähnlichen Rhetorik gearbeitet hat wie heute, sondern auch deshalb, weil sich in Vodseďáleks Gedichten auf eigenartige Weise die zeitgenössische westliche Gesellschaft spiegelt: Einerseits war der Sozialistische Realismus, den Vodseďálek aufs Korn nimmt, zutiefst "gesellschafts-politisch engagiert" und erfüllte also vieles von dem, was heute von ernstzunehmender Kunst verlangt wird. Andererseits hat Vodseďálek seine ironisch-idyllischen total realistischen Gedichte ab den 1970er Jahren zunehmend in Westdeutschland (oder Österreich) verortet und mit dem Feindbild gespielt, das von den kommunistischen Machthabern gepflegt wurde. 

Die Übersetzung wurde durch ein Stipendium des BMKÖS gefördert, die Gesamtherstellung durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik. 

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Ivo Vodseďálek: Am Esstisch – Totaler Realismus II
ausgewählt, übersetzt und mit Nachwort versehen von Ondřej Cikán
Tschechisch / Deutsch
April 2023 / Kētos Band 26
Hardcover mit Fadenbiundung
176 Seiten
EUR 25 / CZK 390

ISBN: 978-3-903124-26-4

Iveta Ciprysová: Auf der Speerspitze des Brunnens

Gedichte






Iveta Ciprysová, geboren 1993 in Prag, schreibt äußerst zärtliche Gedichte, in denen es auch mal recht düster werden kann, damit die Zärtlichkeit umso heller leuchtet.

In den Uhren sind die Knochen
an der Ewigkeit zerbrochen

Sie sind dunkelbraun
(ihre Augen)



Auffallend ist, wie sich Ciprysovás Sprecherin manchmal ganz unauffällig in das angesprochene Gegenüber verwandelt.

Ciprysovás Gedichte sind nicht nur deshalb lesenswert, weil sie so schön sind. Sie stehen auch fest in der tschechischen poetischen Tradition, sodass man Karel Hynek Mácha, Karel Hlaváček oder Vítězslav Nezval ganz nebenbei mitfühlen kann.

***
Die Übersetzung wurde durch Stipendien des BMKÖS und der Stadt Wien gefördert, die Gesamtherstellung durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.

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Iveta Ciprysová: Auf der Speerspitze des Brunnens
(Na hrotu studny, Prag )
übersetzt und mit Nachwort versehen von Ondřej Cikán
Tschechisch / Deutsch
Dezember 2022 / Kētos Band 30
112 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 22 / CZK 190 (bis 28.2. 2023)
EUR 22 / CZK 240 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-30-1

***
Leseproben:

Ich weiß
dass du dort gestanden bist
So schön 
(anders kannst du es gar nicht)
aber meine gesamte Aufmerksamkeit
richtete sich nur 
auf den Teufelskopf 
in deiner Hand 
[…]

***

Wovon das Meer des Nächtens träumt?
Dass blaues Gras sich aufwärts bäumt
versteckt im Sand auf dem gestade
die Halme sind wie Tintenpfade 
[…]





Julius Zeyer: Radús und Mahulena

Ein slowakisches Märchen
Dramatisches Gedicht in vier Akten




Verbotene Liebe. 
Schrecklicher Fluch. 
Gelöschtes Gedächtnis.

Mahulena rettet Radús vor dem Mutwillen ihrer zauberkundigen Mutter Runa und flieht mit ihm. Runa verflucht die beiden: Radús soll Mahulena für immer vergessen, sobald ihn eine andere Frau küsst. Zu Hause küsst ihn seine Mutter. Er erkennt Mahulena nicht mehr und verstößt sie. Mahulena verwandelt sich in eine Pappel, zu der Radús sich magisch hingezogen fühlt. Die Mutter des Radús fällt die Pappel schließlich in Angst um ihren Sohn … 

"Radús und Mahulena" ist ganz großes Drama und spielt in der Liga von "Medea" oder "Romeo und Julia". Besonders schön ist die poetische Sprache im fast durchgehenden jambischen Rhythmus. Die weiblichen Charaktere fallen durch außergewöhnliche, auch körperliche Stärke auf.

Das Theaterstück ist in Tschechien und der Slowakei bis heute sehr populär. Berühmt ist die Originalbühnenmusik von Josef Suk, die dieser später zum eigenständigen Werk "Pohádka" ("Märchen") verarbeitet hat. Von Zeyer inspiriert war der romantisch-expressionistische Maler Jan Preisler. Nicht zuletzt wurde das Stück im Jahr 1970 von Petr Weigl verfilmt, und zwar mit Starbesetzung.

Julius Zeyer (1841–1901) stammte aus französisch-jüdisch-deutsch-böhmischer Familie und war ein markanter Vertreter der tschechischen Spätromantik. Er reiste viel und ließ sich von fernen Kulturen inspirieren. Sein Roman "Über die treue Freundschaft von Amis und Amile" gehört zum Kanon der tschechischen homosexuellen Literatur. Zeyers Ziel bestand darin, eine neue tschechische Nationaldichtung zu etablieren, die auf einem kosmopolitischen, internationalen Kanon beruhen sollte.

Im Nachwort befasst sich der Übersetzer Ondřej Cikán unter anderem mit Zeyers slowakischen, tschechischen und indischen Quellen. Das sind insbesondere die slowakischen Märchen aus der Sammlung von Božena Němcová, das Sanskrit-Drama "Shakuntala" des Dichters Kalidasa und nicht zuletzt Jára Cimrmans Oper "Proso". Wie so oft bei tschechischer Literatur lohnt sich ein Vergleich mit dem Liebesepos "Mai" von Karel Hynek Mácha.

Zeyers Werke wurden bis in die 1930er Jahre vielfach übersetzt, vor allem ins Deutsche, Polnische und Kroatische. Unser Band enthält eine Bibliographie der Übersetzungen. Die einzige bisherige deutsche Übersetzung von "Radús und Mahulena" aus der Feder der tschechischen Sopranistin Emmy Destinn ist verschollen.

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Welches große Theater das Stück zuerst auf Deutsch mit der Originalmusik von Josef Suk aufführt, wird mit dem Weißen Hirschen im Pappellaub am Bande ausgezeichnet.

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Die Übersetzung wurde durch Stipendien der Stadt Wien, des BMKÖS gefördert, die Gesamtherstellung durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.

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Julius Zeyer
Radús und Mahulena (Radúz a Mahulena, Uraufführung am Prager Nationaltheater 1898)
übersetzt und mit Nachwort versehen von Ondřej Cikán
Dezember 2022 / Kētos Band 28
128 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 22 / CZK 320 (bis 30.6. 2023)
EUR 25 / CZK 390 (ab 1.7. 2023)

ISBN: 978-3-903124-28-8


21.10.2022

Královec

Královec je osvobozen – Hymna Královeckého kraje 

Partitura PDF
Klavír a zpěv PDF
Deutsche Übersetzung / English translation PDF

hudba: Johannes Langer / text: Ondřej Cikán
k volnému použití věnováno spoluobčanům





16.04.2021

H.C. Artmann: Von denen Husaren und anderen Seil-Tänzern

illustriert mit XII Holzschnitten von Christian Thanhäuser, 
im ursprünglichen Umbruch der Original-Ausgabe (1959) 
neu herausgegeben und kommentiert von Ondřej Cikán.






XXVI Geschichten über Husaren, Hexen und Seiltänzer, wie sie tapfer und lustvoll durchs Leben gehen, und XXVII Gedichte über Tod, Lentz und Lebensfreude. Eine Hexe sitzt im Apfelbaum und ißt Äpfel, der Frühling ist ein Aderblutenteiser, das Hertz ist eine starcke Bombe.

H.C. Artmann (1921–2000) brachte die österreichische, und überhaupt deutschsprachige Literatur nach 1945 wieder zum Leuchten. Seine "Husaren" sind nicht nur sehr lustig, sondern auch vorbildlich respektvoll. Artmann zitiert fröhlich auf Osmanisch, Slowenisch, Provenzalisch, Spanisch, Latein, Griechisch etc. Aber wo hatte er die Zitate her? 


Für die vorliegende Ausgabe hat der Philologe und Dichter Ondřej Cikán erstmals Artmanns Quellen ausgeforscht. So macht das Büchlein doppelt Spaß.

Alles Gute zum 100. Geburtstag, lieber H.C. Artmann!

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Gefördert durch die Stadt Wien, das BMKÖS und das Land Oberösterreich.

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H.C. Artmann
Von denen Husaren und anderen Seil-Tänzern
illustriert von Christian Thanhäuser
herausgegeben und kommentiert von Ondřej Cikán
Sommer 2021 / Kētos Band 23
192 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 20 (bis 28.2. 2023)
EUR 25 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-23-3

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Leseprobe:

Eine hexe saß im apfelbaum und aß äpfel. Es war noch vor morgen und ordentlich kühl, und die hexe fror fast bis unter die haut, da sie à la hexischer mode nicht mehr um die beine trug, als einen dünnen, seidenen kittel, weiter oben aber gar nichts. Als nun endlich der thessalische hahn krähte, kam ein tapferer husar angerückt, der mußte zu fuß laufen, hatte im gestrigen scharmützel sein gutes roß verloren, war daher heute mehr als zeitig aufgebrochen, um noch vor abend bei seinem regimente zu sein. "Dieser apfelbaum gefällt mir", sagte er …



Ondřej Cikán: Mein Liebling ist Gewölk

Liebesgedichte und Mikroromane





Kann zeitgenössische Dichtung Liebe und Zärtlichkeit ausdrücken? Sie kann. Kann zeitgenössische Dichtung Spaß machen? Sie kann. Denn die Muse verlangt nach Versen, die wahr sind wie das rastlose Meer, nahrhaft wie die Milchstraße und atemberaubend wie Tränen der Freude. Guten Morgen, Raserei! Guten Morgen, Finsternis!

Ondřej Cikán wurde 1985 in Prag geboren, lebt seit 1991 in Wien und schreibt vor allem auf Deutsch. Sein abwechslungsreicher Band "Mein Liebling ist Gewölk" enthält neben Liebesgedichten zwei unterhaltsame Liebes-Mikroromane, die jeweils H.C. Artmann und Wolfgang Bauer gewidmet sind.

Besonders schön sind Cikáns assoziative, modern epische Langgedichte ("Zonengedichte") "Finsternis" und "Tote Sprache". Das Zonengedicht ist ein tschechisches Genre, das Cikán für das Deutsche adaptiert hat.

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Gefördert durch die Stadt Wien und das BMKÖS.

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Ondřej Cikán
Liebesgedichte und zwei Mikroromane ("Poliphilo und Thirsa", "Johann ist der Schäfer")
Mit einem Nachwort von Wynfried Schecke zu Gülitz
Sommer 2021 / Kētos Band 21
123 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 20 / CZK 300 (bis 28.2. 2023)
EUR 22 / CZK 320 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-21-9


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Leseprobe:

Ich baue dir ein Boot aus ungefällten Zedern,
Das wie ein Hauch in Moll die Unterwelt durchrauscht.
Der Blitz auf deinem Schoß wird Tropenwinde ädern,
Bis er sie für Granit der Himmelspole tauscht.

Dann wird dein Hauch mein Herz in grober Körnung finden,
Dann taucht dein Hauch mein Herz in schwere Wasser ein,
Dann gibts in unsrer Nacht nichts mehr, kein Lichterblinden
Und keine Regung eines Dorns in einem Rosenhain.

Dann bind mich an den Mast mit unverstopften Ohren,
Flecht meinen Leib ins Rad und dreh nicht mehr daran,
Bis Schweigen, Stille, Nichts mein Trommelfell durchbohren,
Und deines Wortes Klang nicht mehr entweichen kann.



Avedis Tarsis: Gefährliche Arrhythmie

Liebesgedichte








Arrhythmien können verdammt gefährlich sein – besonders, wenn sie von der Liebe verursacht werden. Avedis Tarsis widmet sich in seinem ersten Gedichtband allen Spielarten amouröser Rhythmusveränderungen: von der bloß anbetenden über die fleischlich konsumierte bis zur rückwirkend verfluchten Liebe schlägt der Autor den Bogen und fasst dabei in knappe Verse, was die Musen ihm in sein halbtaubes Ohr gehaucht haben: "... Drum fass dir ein Herz / Und reiß es aus: / Es hat dich lange genug geärgert." 


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Gefördert durch die Stadt Wien und das BMKÖS.

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Avedis Tarsis: Gefährliche Arrhythmie 
Musistische Liebesgedichte
Sommer 2021 / Kētos Band 22
90 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 18 (bis 28.2. 2023)
EUR 20 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-22-6


Vítězslav Nezval: Ein Dichter bei Nacht

Anthologie der Gedichte
Mit einem Krimi von Karel Čapek und dem Gedicht "Zone" von Guillaume Apollinaire im Anhang
herausgegeben und übersetzt von Ondřej Cikán





Der große tschechische Poetist und Surrealist Vítězlav Nezval (1900–1958) ist ein Phänomen: Kaum jemand hat es geschafft, der Sprache zu einer solchen Schönheit zu verhelfen. Der Dichter und Übersetzer Ondřej Cikán hat diese Schönheit nun ins Deutsche gebracht. Das Zentrum der Anthologie "Ein Dichter bei Nacht" bilden Nezvals virtuose Langgedichte "Für die Nacht" und "Edison", die in Tschechien bis heute populär sind. Vervollständigt werden sie durch Gedichte aus verschiedenen Schaffensperioden, z.B. "Cocktails", "Totenglocke für Otokar Březina", "Ein Tüchlein und Adieu" und "Strophen über Prag". 

Im Anhang findet sich einerseits ein Krimi mit dem Titel "Der Dichter" von Karel Čapek, in dem Nezval liebevoll aufs Korn genommen wird; und andererseits das berühmte Gedicht "Zone" von Guillaume Apollinaire, dessen tschechische Übersetzung Karel Čapeks die tschechischen Poetisten zur Entwicklung eines eigenen Genres, des "Zonengedichts", inspiriert hat. 

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Übersetzung gefördert durch Stipendien des Deutschen Übersetzerfonds und des österreichischen Kulturministeriums (BMKÖS).
Gesamtherstellung gefördert durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.
Ausgezeichnet durch eine Übersetzungsprämie des BMKÖS.

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Weitere Werke Vítězslav Nezvals im Programm des Kētos:

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Zonengedichte sind enthalten in:
Ondřej Cikán: Blühende Dämonen (in Vorbereitung)

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Vítězslav Nezval: Ein Dichter bei Nacht
Anthologie der Gedichte
Mit einem Krimi von Karel Čapek und dem Gedicht "Zone" von Guillaume Apollinaire im Anhang
herausgegeben, übersetzt, kommentiert und mit Nachwort versehen von Ondřej Cikán
Tschechisch / Deutsch / Französisch
Frühling 2022 / Kētos Band 20
224 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung und Lesebändchen
EUR 20 / CZK 360 (bis 28.2. 2023)
EUR 25 / CZK 390 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-20-2


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Leseprobe 1:

Vítězslav Nezval
Gedicht für die Nacht
(1929)

Nacht schwärmte ihren Bienentau aufs Obst der Gärten aus
schuf aus dem Kathedralengold sich einen Türmchenstrauß
die Macht der Dämme aus Porphyr gigantische Kanonen
versteinerten der Höfe Schein um Luna zu vertonen
Palastgedröhn und Fensterschlagen ewig alter Staub
zerbrachen wie der toten Sonne aufgebahrtes Laub
in hundert Erkern ließen schwarz Klaviere sich erahnen
und weiße Nonnen schwanden zwischen Blüten von Lianen

Ein kleines Glöckchen klang im Schlaf es klingelte und kreischte
ich sah die viele Schönheit nicht nach welcher blind ich heischte
ein Schlafwandler der über weiten Ozeanen klagt
auf schmalem Dach aus dem der Strahl des Blitzableiters ragt 
wo eine Rose explodiert und fällt als Blendgranate
dort auf Venedigs Gondeln und Granadas Goldbrokate
im Schauer schweren Öls das helles Fensterglas befleckt
im Strohblumen- Resedenschnee der Sternenpollen streckt
ganz ohne Glocken ohne Harfen ohne Violone 
[…]

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Leseprobe 2:

Guillaume Apollinaire
Zone
(1913)

[…]
Entsetzt erkennst du dein Gesicht in den Achaten von Sankt Veit
An jenem Tag warst du traurig der Tod sollte kommen du warst bereit
Wie Lazarus den heller Sonnenschein in blanken Wahnsinn treibt
Im jüdischen Viertel ist eine Uhr die rückwärts die Zeit beschreibt
Und auch du selbst rollst Stück für Stück zurück in deinem Leben
Als du auf den Hradschin steigst hörst du Stimmen sich erheben
Die in den Gasthäusern tschechische Lieder singen
[…]


02.02.2021

Jana Černá = Honza Krejcarová: Totale Sehnsucht

ausgewählt und übersetzt von Martina Lisa
mit einem Nachwort von Matteo Colombi




Jana Černá (auch bekannt als Honza Krejcarová, 1928–1981) war die Femme fatale des Prager "Undergrounds" der 1950er Jahre. Mit ihrer provokanten Poesie bot sie einerseits eine erotisch-weibliche Perspektive auf die innigsten menschlichen Sehnsüchte, andererseits sind ihre Gedichte auch ein Ausdruck des Widerstands gegen den Stalinismus. Jana Černás Liebesbrief an Egon Bondy gilt als Meisterwerk der tschechischen erotischen Literatur. Die Auswahl "Totale Sehnsucht" enthält außerdem Černás psychoanalytisches Prosawerk "Clarissa" und ihre Reportagen aus dem Frauengefängnis, wo sie eine einjährige Haftstrafe absitzen musste.

Der Prager "Underground" war zunächst vom Surrealismus der Zwischenkriegszeit geprägt. Diesen entwickelten Jana Černás Kollegen und Verehrer Egon Bondy und Ivo Vodseďálek zum Totalen Realismus weiter – einem Gegenstück des zur Staatskunst erhobenen Sozialistischen Realismus. 

Jana Černá war Tochter der Journalistin Milena Jesenská und des Architekten Jaromír Krejcar. 

In den 1950er Jahren gehörte sie mit Egon Bondy und Ivo Vodseďálek zum Kreis um die Samizdat-Edition Půlnoc (Mitternacht). 

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Gefördert durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.

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Jana Černá = Honza Krejcarová: Totale Sehnsucht
Liebesbrief – Gedichte – Clarissa – Gefängnis
ausgewählt und übersetzt von Martina Lisa
mit einem Nachwort von Matteo Colombi

Frühling 2022 / Kētos Band 24
176 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 20 / CZK 360 (bis 28.2. 2023)
EUR 25 / CZK 390 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-24-0






01.11.2020

Vítězslav Nezval: Sexuelles Nocturno

Geschichte einer demaskierten Illusion
illustriert von Jindřich Štyrský
übersetzt von Ondřej Cikán
mit einem Nachwort von Radim Kopáč


Ein Elfjähriger findet im Freudenhaus zur Poesie.

Vítězslav Nezval (1900–1958) war Mitbegründer des Poetismus und der tschechoslowakischen Surrealistischen Gruppe. Er gilt als einer der einflussreichsten und virtuosesten tschechischen Dichter.

Seine autobiographische Novelle „Sexuelles Nocturno“ erschien im Jahr 1931 als Kunstdruck mit Illustrationen von Jindřich Štyrský (1899–1942).

Nezvals „Sexuelles Nocturno“ ist bahnbrechende poetistisch-surrealistisch-erotische Prosa und wurde bereits ins Englische, Französische und Japanische übersetzt.

Denselben autobiographischen Stoff verwendete Nezval später für den märchenhaften Vampir-Roman „Valerie und die Woche der Wunder“, in dem die Initiation aus weiblicher Perspektive geschildert wird.

Gedichte von Vítězslav Nezval sind versammelt in der Anthologie: 


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Gefördert durch das Kulturministerium der Tschechischen Republik.



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Vítězslav Nezval: Sexuelles Nocturno

Geschichte einer demaskierten Illusion

(Sexuální nocturno – Příběh demaskované illuse, Prag 1931)

übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Ondřej Cikán

mit einem Nachwort von Radim Kopáč

illustriert von Jindřich Štyrský

Sommer 2020 / Kētos Band 18

75 Seiten

Hardcover mit Fadenbindung

EUR 18 / CZK 280 (bis 28.2. 2023)

EUR 20 / CZK 290 (ab 1.3. 2023)


ISBN: 978-3-903124-18-9



Sajath-Nova: Die ganze Welt

Sajath-Nova | Սայաթ-Նովա | Sayat῾-Nova

Thamam ašchar | Թամամ աշխար | T῾amam ashkhar


DIE GANZE WELT

nachgedichtet von Ondřej Cikán






Sajath-Nova („Der König des Gesangs“) lebte im 18. Jh. im Gebiet des heutigen Georgien und gilt als der größte „Troubadour“ des Südkaukasus. Er dichtete, komponierte und sang auf Armenisch, Aserbaidschanisch und Georgisch — auf Aserbaidschanisch Lehrgedichte, auf Armenisch und Georgisch Liebeslieder. In Armenien ist Sajath-Nova bis heute äußerst populär, seine Lieder werden wie klassische Musik interpretiert, wie Volkslieder gesungen und auch zu Pop und Jazz adaptiert. Nicht zuletzt sind seine klangvollen Verse von traumhafter Bildersprache.


Das Büchlein "Die ganze Welt" widmet sich einem einzigen armenischen Liebeslied Sajath-Novas (das türkische, arabische, persische Wörter enthält): Das erste Eintauchen des Kētos ins Armenische. 


Neben Nachdichtung und Original bietet das Bändchen auch Transkriptionen und Musiknoten. Die Nachdichtung entspricht rhythmisch dem Original. Das Lied lässt sich somit auf Deutsch nachsingen.


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Hier ein paar Links (gesungen werden meist nur drei der fünf Strophen):

Armenische Seite über Sajath-Nova

Klassische Aufnahme von Nosayr Mnatsakanyan

Neuere Aufnahme von Araksya Amirkhanyan

Jazzige Aufhname von Garabala

Film Die Farbe des Granatapfels von Sergej Paradžanov (Parajanov) auf IMDB

Trailer zum Film Die Farbe des Granatapfels


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Leseprobe, erste Strophe:

Die ganze Welt hab ich durchreist, kam bis nach Habaš, Nazani,
Kam deinem Bildnis, das so hoch, so weit war, nie nach, Nazani.
Dein grobes Kleid, dein Leinenkleid, ist Seide und Nacht, Nazani,
Und deshalb ruft, wer dich auch sieht, tausendfach: ach! ach! Nazani.


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Sajath-Nova: Die ganze Welt
Ein Liebeslied
Armenisch / Deutsch
übersetzt von Ondřej Cikán
Herbst 2020 / Kētos Band 19
48 Seiten
Hardcover mit Fadenbindung
EUR 12 (bis 28.2. 2023)
EUR 15 (ab 1.3. 2023)

ISBN: 978-3-903124-19-6